Situation
EEG-2021 & Ü20-PV
Das EEG-2021 ist seit 1.1.2021 in Kraft getreten. Viele Solarpioniere aus 2000 oder früher besitzen laut EEG seit diesem ersten Stichtag eine „ausgeförderte PV-Anlage“ (Post-EEG- oder auch Ü20-Anlage).
Für diese Anlagen sollte nun die weitere Betriebsart festgelegt werden. Das wichtigste dabei ist, dass unsere Dächer weiterhin sauberen Strom liefern. Denn davon brauchen wir alle jede Menge!
Dies hier ist eine gute, aber nicht vollständige Infosammlung, die Möglichkeiten und Rechte aufzeigt. Verbindlichkeit schafft euer Schriftwechsel mit dem Netzbetreiber, Stromanbieter oder Direktvermarkter, bzw. eine persönliche Beratung. Zumal auch die Gegebenheiten Vorort sehr unterschiedlich sein können. Lasst euch nicht die Butter vom Brot nehmen!
Folgende EEG-Änderungen sind für ausgeförderte Anlagen im Privatbereich wichtig.
EEG-Umlagebefreiung
Neue Anlagen, bestehende Anlagen, sowie ausgeförderte Anlagen bis 30kWp oder 30.000 kWh selbstverbrauchten Stromes sind von der EEG-Umlagepflicht seit 1.1.2021 befreit. (§61b)
Übergangsvergütung bis 2027
Volleinspeisung oder Überschusseinspeisung an den Netzbetreiber von ausgeförderte Anlagen bis 100 kWp ist weiter möglich (§19+§21). Die Einspeisevergütung erfolgt nach der Höhe des Jahresmarktwertes (§23b) abzüglich einer Vermarktungspauschale (§53). Dieser Vergütungsanspruch ist nur bis 31.12.2027 möglich (§25). Wer keine Anschlussvereinbarung mit dem Netzbetreiber trifft wird automatisch so eingestuft. (§21c)
IMS-Intelligentes MessSystem
Oder auch Smartmeter genannt. Das ist ein digitaler-Zwei-Richtungs-Zähler mit einer Funk-Datenschnittstelle (Gateway) zum Übertragen der Messwerte. (Das EEG verweist hierzu auf das ausschlaggebende Messstellenbetriebsgesetzt.) Der Smartmeter ist ab PV-Größe 7kWp vorgeschrieben, aber erst wenn der Netzbetreiber die Zählerumrüstung in seinem Gebiet startet.
In folgenden Situationen wird der Smartmeter ebenfalls einbaupflichtig:
- Stromverbrauch größer 6.000 kWh.
- Wechsel zu einem Direktvermarkter.
- Steuerbare Verbraucher (§9) (hier gibt es aber auch noch Klärungsbedarf). Der Smartmeter kostet bei einer PV-Größe von 7 bis 15kW jährlich maximal 100€.
Fernsteuerbarkeit
Die Grenze zur Verpflichtung der Fernsteuerbarkeit der Einspeiseleistung wurde leider von 30 kWp Anlagengröße auf 25 kWp reduziert (§9).
Weitere Infos
Ü20-PV-Anlagen-Vortrag der Solarfreunde Moosburg.
Das EEG-2021 kann hier nachgeschlagen werden.
Fünf Möglichkeiten
(Tipp: mit Eigenverbrauch die Möglichkeit 2)
Möglichkeit 1 – Volleinspeisung
Anlage + Zähler nicht verändern, weiterhin volleinspeisen (Vergütung bis 31.12.2027), Einspeisevergütung nach Jahresmarktwert (für 2021 vorläufig 2,458 ct/kWh abzüglich 0,4 ct pauschale Vermarktungsgebühr für 2021.) Die Vermarktungsgebühr halbiert sich wenn ein Smartmeter eingebaut ist.
Vorbereitung: keine, ggf PV-Versicherung kündigen um Kosten zu sparen.
Beispielrechnung: PV 3kWp, Jahresertrag 2700kWh x 2,058ct = 55€ Vergütung pro Jahr.
Bewertung: Kein Aufwand, sehr geringer Ertrag. Nur empfohlen, wenn keine andere Möglichkeit besteht.
Möglichkeit 2 – Eigenverbrauch + Überschusseinspeisung
Den Bezugszähler in einen Zweirichtungszähler tauschen lassen. Die PV-Anlage durch eine Elektrofachkraft vom Einspeisezähler abklemmen und zur Einspeisung in das Hausnetz verbinden. Der Netzbetreiber vergütet den PV-Überschuss nach Jahresmarktwert abzüglich Vermarktungspauschale (Vergütung bis 31.12.2027).
Vorbereitung: zuerst Anlagencheck: Stimmt der Ertrag noch? Ist das Dach gut ausgenützt? (Ansonsten ggf. Möglichkeit 5)
Dann den Netzbetreiber anschreiben:
- Mitteilen, dass die Volleinspeisung in Überschusseinspeisung geändert wird.
- Falls noch nicht geschehen, auffordern, den bisherigen Bezugszähler gegen einen Zweirichtungszähler zu tauschen. (Falls bereits eine Eigenverbrauchsanlage besteht kann die Abrechnung über den bestehenden Zweirichtungszähler erfolgen. Die Anlagengrößen werden dann einfach im Verhältnis abgerechnet.)
- Falls keine weitere Volleinspeiseanlage besteht, den bisherige Einspeisezähler (falls gemietet) kündigen.
Beispielrechnung: PV 3kWp, Jahresertrag 2700 kWh, 30% Eigenverbrauch (810 kWh), Überschusseinspeisung 1890 kWh x 2,058ct = 39€ Vergütung pro Jahr. Gesparter Bezugsstrom 810 kWh * 30ct = 243€, Jahresertrag = 39€ + 243€ = 282€.
Bewertung: empfohlen! geringer Aufwand, Guter Ertrag durch Eigenverbrauch. (Eigenverbrauch vermeidet teuren Strombezug.).
Deutliche Steigerung des Ertrages durch höheren sinnvollen Eigenverbrauch möglich. Stichwort E-Auto, Verbraucher in den Tag legen, Speicher…)
Möglichkeit 3 – nur Eigenverbrauch
Eigenverbrauch mit geregelter Nulleinspeisung. Es darf zu keiner Zeit eine Überschusseinspeisung stattfinden. Hausnetz mit Energiemanagement nachrüsten und Wechselrichter erneuern. (Die Wechselrichter der ersten Stunde sind von außen nicht steuerbar).
Nicht empfehlenswert, da die Umrüstung teuer ist und Stromüberschuss unterdrückt wird.
Möglichkeit 4 – sonstige Direktvermarktung
Vorbereitung: Stromanbieter suchen, der ggf. auch PV-Überschuss direkt vermarktet. Siehe Auflistung. Den Wechsel an den Netzbetreiber melden (Immer zum Monatsersten möglich). Meldefrist: Noch vor Beginn des Vorkalendermonates (§21c). Wechsel zurück ist möglich.
Beispielrechnung: Jahresertrag 282€ aus Möglichkeit2, ggf. abzüglich 100€ Smartmeter-Miete, ggf. bietet ein Direktvermarkter eine höhere Vergütung.
Bewertung: kann im Einzelfall interessant sein. Zum Teil an Bedingungen geknüpft (Wohnort, Speicher, Strombezug, Vertrag…)
Möglichkeit 5 – Upgrade / Neuanlage
Die Zukunft ist definitiv elektrisch! Der Stromverbrauch wird steigen, Stichwort E-Auto (und ggf. effiziente Wärmepumpe in sinnvollem Einsatz). Die meisten PV-Anlagen der ersten Stunde waren relativ klein und leisten sicherlich einen guten Beitrag zur Eigenversorgung. Der tatsächliche Bedarf wird aber oft größer sein. Wäre also eine Erweiterung durch eine weitere Anlage möglich? Dachflächen von Ost über Süd bis West sind bestens geeignet! Verschiedene Ausrichtungen sind durch den Einsatz von Modul-Optimierern möglich. Die Anlagenpreise sind günstig wie noch nie.
Neuanalagen können doppelte Leistung auf gleicher Fläche erzielen. Bespreche das mit einer Solar-Firma/Solarberater deines Vertrauens.
Wie groß sollte eine künftige Gesamtanlage sein? Faustformel: die PV-Anlage sollte mindestens doppelt so groß sein wie der Jahresstromverbrauch samt (künftiges) E-Auto.
Beispiel: Haus 3000 kWh, E-Auto ZOE, 12.000 km/Jahr = 2.000 kWh (17kWh/100km im Jahresschnitt), also Gesamtverbrauch 5.000 kWh. → PVsoll = 10kWp.
Ökologischer Grundsatz: Nur mit einer großzügigen PV-Dimensionierung gelingt es, auch bei leichter Bewölkung oder kürzerer Tag-Ladezeit, sich selbst nennenswert zu versorgen.
Bewertung: empfohlen bei Anlagen mit zu wenig Ertrag oder schlechter Dachausnutzung.
Vermarktungsangebote
Direktvermarktungsangebote von Stromanbieter sowie Stromabnahmeangebote von Netzbetreibern für ausgeförderte-PV-Anlagen
EBERWERK
Regionales Abnahmeangebot für den Landkreis Ebersberg und den angrenzenden Gemeinden
Kraftwerke Haag (KWH)
Gute Information zur Anlagenumstellung in Eigenverbrauch. Abnahmeangebot als Netzbetreiber.
EWS – Elektrizitätswerke Schönau
EWS hat eigenen Stromkunden ein Interessantes Angebot unterbreitet: Für eine begrenzte Kundenanzahl kann der eingespeiste Überschussstrom pauschal mit 6 ct/kWh vergütet werden. Garantiert für drei Jahre. Smartmeter notwendig. GGf. unter www.ews-schoenau.de nachfragen.
GreenCity
Bietet Direktvermarktung für ausgeförderte PV-Anlagen an.
Naturstrom AG
Bietet Direktvermarktung für ausgeförderte PV-Anlagen sowie gute Tipps an.
WEMAG AG
Bietet Direktvermarktung des Überschussstromes an. (etwas nach unten scrollen)
Sonnen GmbH
Stromanbieterwechsel zu sonnen, der zum Marktwert PV-Überschüsse direkt vermarktet.
Bedingung: PV- und Speicher-Mindestgröße (Speicher von Sonnen), Sonnen-Smart-Meter + Verbrauchszähler (also zwei Zählerplätze), SonnenFlat-Vertrag (was durchaus finanziell interessant sein kann)
Die Mindestgröße der PV und Stromspeicher ist abhängig vom Stromverbrauch des Haushaltes. Für alle PV-Anlagen von 3 bis 29,9 kWp, auch ausgeförderte PV-Anlagen.
Verträge: SonnenFlat Direkt (Zähler zahlt Kunde); SonnenFlat X (Zähler inklusiv)
Rückschau & Ausblick
Das EEG aus dem Jahre 2000 wurde in viele Länder kopiert und hat weltweit den Erneuerbaren zum Durchbruch verholfen. In Deutschland wurde es allerdings mit jeder Reform gebremster und komplizierter. Es war einfach zu erfolgreich.
Zum Erreichen der Klimaziele reichen die Vorgaben im EEG-2021 bei weitem nicht aus. Was wiederum zeigt, dass die aktuelle Bundesregierung andere Interessen favorisiert. Von daher sind weitere EEG-Änderungen zwangsläufig.
Mit unser aller Anlagen haben wir im deutschen Stromnetz bis 2020 dennoch etwa 50% regenerativen Anteil erreicht. Da darf man auch stolz drauf sein.
Nun geht es darum, dass wir unsere Dachflächen weiter sinnvoll nutzen, den Eigenverbrauch optimieren, mit Hausspeicher ergänzen und heimische Windkraft zulassen. Denn es müssen noch dringend ein paar große, rauchende und strahlende Kraftwerke aus dem Netz gedrängt werden.
Und unser Klima schützen wir ansonsten am schnellsten, wenn wir unsere Autos auf „E“ umstellen, unsere Häuser warm einpacken und ölfrei machen.
Anregungen gerne an Christian.Hengstberger@rosolar.de