Energiesystem
Der Deutsche Bundestag hat im Jahr 2011 das sogenannte Energiepaket beschlossen. Dieses Paket enthält eine ganze Reihe von Gesetzen, die den Umbau unserer Energieversorgung auf der Basis regenerativer Energieträger voran bringen sollen. Der markanteste Teil des Energiepaketes war das Gesetz zum Atomausstieg. Dieses Gesetzespaket bedeutet eine grundlegende Kurskorrektur, weg von fossilen und atomaren Energieträgern und Umstieg auf Erneuerbare Energien und das in allen Bereichen. Im Stromsektor, wie bei der Wärmeerzeugung, wie auch im Verkehr.
Die anstehenden Veränderungen machen einen vollständigen Umbau notwendig, eine regelrechte Transformation des gegenwärtigen Energiesystems in technischer, wirtschaftlicher, rechtlicher und sozialer Hinsicht. In den nächsten Jahrzehnten wird eine intelligente Energieversorgung entstehen, mit neuen Energiequellen, mit neuen Kraftwerken, mit neuen Übertragungs- und Verteilernetzen, mit neuen Speichertechnologien und mit neuen Wettbewerbern. Auf dem Weg zu einem effizienten und klimaneutralen Energiesystem müssen sich die unterschiedlichen Energieträger und Energieinfrastrukturen in Zukunft ergänzen. Anstatt der bisher getrennten Optimierung der einzelnen Subsysteme muss das Gesamtsystem optimiert werden. Dies erfordert eine intelligente Steuerung und Verknüpfung der Energiesysteme Strom, Wärme, Kraftstoff und Energiespeicher.
Viele Akteure müssen gemeinsam dafür sorgen, dass der Systemumbau gelingt: Die Bundesregierung, die Länder und Kommunen, die Unternehmen und die Verbraucher. Entscheidend für das Gelingen des Systemumbaus sind vor allem eine wesentliche Steigerung der Energieeffizienz sowie ein intelligentes Zusammenspiel von Energieerzeugung und Verbrauch. Gerade im Gebäudesektor mit dem hohen Wärmebedarf kann durch finanzielle Anreize und verpflichtende Vorgaben für den Hauseigentümer der Energiebedarf erheblich abgesenkt werden.
Neben der Technologieentwicklung ist die modellhafte Umsetzung ganzheitlicher Konzepte und Systemlösungen auf Quartiers- und Stadtebene ein wichtiger Beitrag für einen erfolgreichen Umbau des Energiesystems. Bei den Projekten „Modellstadt Mannheim„, „Regenerative Modellregion Harz“ und „Smart-Grid-Pilotprojekt Wildpoldsried“ werden die Weichen gestellt für eine sichere und wirtschaftliche Stromversorgung der Zukunft.
Ein Verständnis der wichtigsten Zusammenhänge des Energiesystems ist auch für das Vorgehen in der Region wesentlich. Wichtige Aspekte stellen wir deshalb hier vor.
Strom
Der Kraftwerkspark zur Stromerzeugung wie er in den letzten Jahrzehnten entstanden ist, ist geprägt von wenigen Großkraftwerken, auf der Basis von fossilen Energien und der Kernenergie mit einem Wirkungsgrad von maximal 40 %. Eine wesentliche Steigerung des Wirkungsgrads ist nicht zu erwarten, da grundsätzlich die Abwärme nicht genutzt wird. Der hohe Primärenergiebedarf hat einen hohen Ausstoß von CO2-Emissionen zur Folge, der wegen des Klimawandels nicht zu vertreten ist. Der Wandel von wenigen zentralen Kraftwerken zu einer Vielzahl von dezentralen regenerativen Kraftwerken ist deshalb zwingend und kann auch in zwei Jahrzehnten umgesetzt werden.
Im Jahr 2011 lieferten die Erneuerbaren Energien in Deutschland rund 20 % der Bruttostromerzeugung, nur die Braunkohle mit 25 % hat einen größeren Anteil an der Stromerzeugung. In wenigen Jahren werden sie die tragende Säule für die Stromversorgung sein. Für das Jahr 2020 wird ein Anteil von 40 % angestrebt, dieses Ziel kann jedoch nur erreicht werden, wenn alle Sparten wie Windkraft, Solarenergie, Bioenergie, Wasserkraft und Tiefengeothermie zügig und entschlossen ausgebaut werden.
Die Entwicklung der Windenergie in Deutschland war in der Vergangenheit auf der Ebene der Bundesländer sehr unterschiedlich. Ursache hierfür waren an erster Stelle nicht die unterschiedlichen Windverhältnisse, sondern die Vorbehalte auf der Ebene der Länderregierungen und der Kommunalverwaltungen. Nach dem Ausstieg aus der Kernenergie will man vor allem in Bayern und Baden-Württemberg die Entwicklung bei der Windenergie forcieren. Baden-Württemberg hat eine Änderung des Landesplanungsgesetzes auf den Weg gebracht, danach soll es in der Regionalplanung künftig nur noch Vorranggebiete für Windenergieanlagen geben und keine Ausschlussgebiete mehr. Das Umweltministerium in Bayern hat bereits planungsrechtliche Änderungen vollzogen, mit denen Genehmigungsverfahren vereinfacht und beschleunigt werden.
Mit dem entstehenden Massenmarkt hat eine rasante Leistungssteigerung bei den Windkraftanlagen eingesetzt. So werden heute durchweg Anlagen mit zwei bis fünf MW installiert. Die Nabenhöhe ist abhängig vom Standort. Mit einer Höhe von rund 140 m können auch im Süden ähnlich hohe Stromerträge wie in küstennahen Gebieten erzielt werden. Die gesamte installierte Leistung der Windenergieanlagen in Deutschland beträgt 29.075 MW (Stand 31.12.11). In 2011 wurden 895 WEA mit einer Leistung von 2.007 MW installiert. Bei dem Umstieg von den fossilen Energien auf die Erneuerbaren werden Windkraftanlagen onshore und offshore eine starke Rolle spielen.
Solarstrom ist auf dem besten Wege, zu einer tragenden Säule der künftigen Energieversorgung zu werden. Bereits 2011 hatte die Photovoltaik einen Anteil von drei Prozent am deutschen Strommix. Der Zubau betrug in 2011 7,5 GW, insgesamt sind damit in Deutschland Anlagen mit einer Leistung von 24 GW installiert. In 2011 erzeugten sie 18 Milliarden Kilowattstunden. Die Photovoltaik hat den Vorteil, dass sie Strom erzeugt zu Zeiten des Tages mit höchstem Verbrauch und auch direkt beim Verbraucher. Für 2020 geht man von einer Verdoppelung der installierten Leistung aus.
Die Anzahl der Biogasanlagen ist in den letzten Jahren stetig gestiegen und liegt jetzt bei 7.470. Die gesamte installierte elektrische Leistung beträgt 2.900 MW. Die Biogasanlagen werden in Zukunft wesentlich zur Stabilisierung der Netze beitragen, da sie bei wenig Sonne und Wind gezielt Strom ins Netz einspeisen können.
Wärme
Mit der Transformation des bestehenden Energiesystems zu einem nachhaltigen System werden vermehrt Strom und Wärme gleichzeitig produziert. Dies ist eine der Voraussetzungen um die CO2-Emissionen massiv zu senken. Heute wird bei den zentralen Großkraftwerken, die mit einem Wirkungsgrad von 30 bis 40 % arbeiten, die Wärme nicht genutzt und über Kühltürme abgeführt. Dezentrale Anlagen mit KWK erreichen Wirkungsgrade über 80 %, sie versorgen vor Ort die Energienutzer mit Strom und Wärme.
Rund vierzig Prozent des gesamten Energieverbrauches werden für Wärme im Gebäudebereich aufgewendet. Die Anstrengungen die bisher unternommen wurden, diesen Energieverbrauch wesentlich zu senken, waren bisher nicht ausreichend, um eine Wende einzuleiten. Über 90 Prozent der Wärme in Deutschland werden immer noch mit fossilen Energieträgern erzeugt. Nur mit der Schaffung der notwendigen Rahmenbedingungen durch Bund, Länder und Kommunen kann der Umbau der Wärmeversorgung gelingen.
Im Gebäudebereich hat der Einsatz von Effizienzmaßnahmen ein enormes Potential, erst wenn dieses ausgeschöpft wird, kann der Einsatz erneuerbarer Energien für die Wärmeversorgung seine volle Wirkung entfalten. Nach Berechnungen der Allianz für Gebäude-Energie-Effizienz hat der überwiegende Teil deutscher Altbauten eine schlechte Energiebilanz. Rund 70 % der Gebäude, die vor 1979 gebaut wurden, haben überhaupt keine Dämmung und bei 20 % ist sie unzureichend. Ein ähnlich schlechtes Bild ergibt sich bei den Heizungsanlagen. Von den 18 Millionen Heizungsanlagen im Bestand sind rund 13 Millionen veraltete Gas- und Ölkessel. In den nächsten Jahrzehnten kann der Energieverbrauch für die Wärmeerzeugung durch fachgerechtes Sanieren und moderne Gebäudetechnik um bis zu 80 Prozent gesenkt werden. Voraussetzung hierfür ist die Verdoppelung der Sanierungsrate von heute 1 %.
Für die dezentrale regenerative Wärmeerzeugung kommen die Solarthermie, Holz, Biogas und die Erdwärme in Frage. In Deutschland sind 1,66 Millionen Solarthermie-Anlagen im Betrieb, davon die Hälfte zur Heizungsunterstützung. Nahwärmenetze auf der Basis von Holz, Biogas und Erdwärme können ganze Kommunen oder Stadtteile mit Wärme versorgen, sie bieten den Nutzern einen hohen Komfort.
Smart Metering
Ab dem 1. Januar 2010 sind Messstellenbetreiber gesetzlich zum Einbau von intelligenten Zählern, sogenannten Smart Metern, in Neubauten und in Gebäuden, in denen große Renovierungen durchgeführt wurden, verpflichtet.
Wird der Smart Meter mit weiteren technischen Zusatzfunktionen verknüpft, kann er dem Verbraucher helfen, seinen Energieverbrauch zu analysieren und seinen Energieverbrauch auf Zeiträume zu verlagern, in denen Energie günstiger ist. Die Einführung von Smart Metering ist ein wichtiger Schritt zur Entwicklung intelligenter Netze.
Der Smart Meter ermöglicht eine Kommunikation zwischen Zähler und Energieverteilnetz. Noch intelligenter ist der Zähler, wenn er auch eine Kommunikation zwischen Zähler und energieverbrauchenden Hausgeräten ermöglicht.
Energieversorgungsunternehmen müssen ab Ende Dezember 2010 – sofern technisch machbar und wirtschaftlich zumutbar – einen lastvariablen oder tageszeitabhängigen Stromtarif anbieten. So können lastvariable Stromtarife zukünftig dem Verbraucher einen Anreiz geben, Energieanwendungen gezielt zeitlich zu verlagern. Diese Verlagerung kann durch den Einsatz intelligenter Hausgeräte und deren Verknüpfung mit einem intelligenten Zähler unter Nutzung der Tarifsignale automatisch erfolgen. Eine durch den Einsatz von Smart Metern vereinfachte Verlagerung der Stromnachfrage trägt dazu bei, die Effizienz zu erhöhen, die Kosten des Energiesystems zu senken und die Einbindung und den Ausbau erneuerbarer Energien zu erleichtern.
Quelle: Deutsche Energieagentur (dena)
Stromnetze
Die bestehenden Stromnetze waren bisher ausgerichtet auf den Transport des Stroms von wenigen Großkraftwerken zu den Verbrauchern. Die stetig wachsende Menge des dezentral erzeugten Stroms aus Erneuerbaren Energien macht es notwendig, die Kapazitäten der Netze der veränderten Situation anzupassen, um die sichere Versorgung der Verbraucher zu gewährleisten.
Bei dem Ausbau der Stromnetze ist zu unterscheiden zwischen den Übertragungsnetzen und den Verteilernetzen. Durch die hohe installierte Windenergieleistung im Norden und Osten einschließlich der großen Offshore Windparks ist ein Ungleichgewicht bei der Stromerzeugung in Deutschland entstanden. Damit Strom aus dem Norden und Osten in den Süden transportiert werden kann, muss das Übertragungsnetz quantitativ ausgebaut werden. Der Netzausbau ist eine Aufgabe mit hoher Dringlichkeit, denn bereits heute werden Regenerative Kraftwerke immer häufiger abgeregelt, weil die Netzkapazität nicht mehr ausreicht. Der Netzausbaubedarf kann verringert werden durch den weiteren flächendeckenden Ausbau der Erneuerbaren Energien und dem Zusammenschluss verschiedener Erzeugungskapazitäten in regenerativen Kombikraftwerken. Das bedeutet mehr lastnahe Kraftwerkskapazitäten in jeder einzelnen Region. Die Übertragungsnetzbetreiber wurden verpflichtet, bis Juni 2012 einen Netzentwicklungsplan vorzulegen. Auf dieser Basis wird der Bundesbedarfsplan für die Stromnetze von der Bundesnetzagentur erstellt und dem Bundestag vorgelegt.
Bisher hatten die Verteilernetze die Funktion Energiemengen von den oberen Spannungsebenen an die Letztverbraucher der unteren und mittleren Spannungsebene zu verteilen. Heute übernehmen zunehmend mehr Verteilernetze die Aufgabe, die auf Niederspannungs- und Mittelspannungsebene von dezentralen Anlagen erzeugten Strommengen aufzunehmen, zu verteilen und auch an die jeweils darüber gelegenen Spannungsebenen abzuführen. Damit wird es zunehmend in den Verteilernetzen erforderlich, mehr Maßnahmen durchzuführen, welche die Kapazitäten und Steuerungsmöglichkeiten des Netzes erhöhen. Damit verbunden ist der Einsatz von Kommunikations-, Mess-, Regel-, Steuer- und Automatisierungstechnik. In Deutschland existieren rund 850 Elektrizitätsverteilernetzbetreiber, die sich diesen neuen Aufgaben stellen müssen. Um die Effizienz dieses Umbauprozesses zu erhöhen, werden weitere Netzkooperationen oder auch Netzzusammenschlüsse notwendig werden.
Die Erhöhung der Kapazitäten der Übertragungsnetze kann durch den Bau neuer Trassen erfolgen oder auch durch den Einsatz von Hochtemperaturleiterseilen. Damit kann die bisherige Leistung verdoppelt werden, und das bei Verwendung der bestehenden Masten und ohne Erhöhung der mechanischen Lasten auf die Masten. Die wirtschaftliche Bewertung fällt gegenüber neuen Trassen sehr positiv aus. Für die Übertragung von großen Strommengen über größere Entfernungen bietet sich die Hochspannungsgleichstromübertragungstechnik (HGÜ) an. Der Vorteil dieser Technik sind die geringen Verluste bei der Übertragung. Mallorca wurde mit dieser Technik an das spanische Festlandnetz angeschlossen. Laut Vorstand der Siemens AG wächst die HGÜ-Technik rasant und sie wird zum Rückgrat der europäischen Stromnetze und der Energiewende werden.
Smart Grids – intelligente Stromnetze – sind die Voraussetzung, dass sich der schwankende Anteil an Strom aus Erneuerbaren Energien energieeffizient ins Netz integrieren lässt. Das „intelligente Stromnetz der Zukunft“ wird von Siemens und dem Allgäuer Stromversorger AÜW rund um Wildpoldsried getestet. Partner sind neben AÜW und Siemens die RWTH Aachen und die Hochschule Kempten. AÜW stellt für das Smart-Grid-Pilotprojekt einen Teil seines Stromversorgungsnetzes zur Verfügung. Michael Fiedeldey, Geschäftsführer der AllgäuNetz GmbH & Co. KG, verspricht sich von dem Pilotprojekt Lösungsmöglichkeiten für künftige Netz-Herausforderungen: „Wenn wir mit der Smart-Grid-Software von Siemens die Verbrauchs- und Angebotsspitzen in unserem Verteilernetz so abfangen können, dass wir hierfür weniger Leitungskapazität vorhalten müssen, verschafft uns das einen enormen Freiraum. Wir können den Ausbau unserer Leitungskapazität, um in den kommenden Jahren weitere Photovoltaik-, Windkraft- und Biogasanlagen einzubinden, mit mehr Ruhe angehen.
Speicher
Regenerativer Strom aus Wind und Sonne steht nicht ständig zur Verfügung: Mal scheint die Sonne nicht und mal ist Flaute. Die erneuerbare Energieversorgung der Zukunft muss auch mit dieser Situation zurecht kommen. Die regenerative Erzeugung aus anderen Quellen, z.B. Biogas und Wasserkraft, spielen dabei zwar auch eine wichtige Rolle. Auch die Verlagerung des Verbrauchs in erzeugungsstarke Zeiten hilft. Diese Möglichkeiten sind jedoch alle zusammen nicht in der Lage, die starken, oft minütlichen Schwankungen bei Sonne und Wind auszugleichen.
Speichertechnologien spielen deshalb in Zukunft eine immer wichtigere Rolle. Dabei unterscheidet man zwischen Kurzzeitspeicher und Langzeitspeicher.
Kurzzeitspeicher sollen die Schwankungen innerhalb eines Tages sowie zwischen Tag und Nacht ausgleichen. Gut geeignet sind dazu z.B. Pumpspeicherkraftwerke, die schnell Erzeugungs- und Pumpbetrieb umschalten können. Auch Batterien sind als Kurzzeitspeicher geeignet. Sie können hohe Leistungen aufnehmen oder zur Verfügung stellen, dies aber nur für kurze Zeit.
Zum Ausgleich längerer Schwankungen sind aber auch Langzeitspeicher erforderlich. Sie müssen in der Lage sein, z.B. die geringere Solarstromproduktion während einer Schlechtwetterphase oder eine längere windarme Zeit zu überbrücken. Dies bedeutet, dass solche Speicher z.B. zwei oder drei Wochen lang mit voller Leistung Energie liefern können müssen. Für diese Speicher wird in Zukunft die Power-to-Gas Technologie eine wichtige Rolle spielen. Hier wird mit überschüssigem Strom aus Wind oder Sonne durch Elektrolyse zuerst Wasserstoff erzeugt, der dann zu Methan weiterverarbeitet wird. Das Methan kann ins Erdgasnetz eingespeist und so auch gelagert werden.
Um eine 80%ige Versorgung mit erneuerbaren Energien zu erreichen, werden Kurzzeitspeicher mit einer Leistung von 17 GW und einer Kapazität von 70 GWh benötigt. Die heute in Deutschland installierten Pumpspeicherwerke haben zusammen bereits eine Leistung von 8,5 GW und eine Kapazität von rund 40 GWh.
Das 80%-Szenario erfordert außerdem Langzeitspeicher mit einer Leistung von 18 GW und einer Kapazität von 7000 GWh, also 7 TWh. Hiervon ist heute noch nahezu nichts vorhanden. Trotzdem schreckt die Zahl nicht, denn bereits heute fassen die existierenden Erdgasspeicher in Deutschland soviel Gas, dass man daraus rund 100 TWh Strom produzieren könnte!
Der Speicherausbau ist außerdem auch finanziell zu stemmen: Laut einer Studie des VDE steigen die Stromgestehungskosten in der Energiewende auch mit Speichereinsatz bis 2050 nur um 10%, insbesondere deshalb, weil Sonne und Wind keine Brennstoffkosten verursachen.
Für eine 100% erneuerbare Energieversorgung müssen auch diese Speicherkapazitäten noch einmal kräftig erweitert werden. Doch auch dies ist sowohl technisch als auch finanziell durchaus zu schaffen.
Power-to-Gas
Im zukünftigen Energiesystem sollen Wind- und Solarkraftwerke den Hauptbeitrag bei der Stromversorgung leisten. Dabei müssen große Schwankungen bei der Stromerzeugung ausgeglichen werden. Für den kurzfristigen Ausgleich im Bereich einiger Stunden eignen sich Pumpspeicherkraftwerke. Für den Ausgleich längerfristiger Schwankungen im Bereich von Tagen oder Wochen lassen sich chemische Speicher zum Beispiel auf der Basis von Methan verwenden (→ Speicher).
Das Fraunhofer IWES hat zusammen mit dem Zentrum für Sonnenenergie- und Wasserstoff-Forschung Baden-Württemberg (ZSW) das Konzept „Power-to-Gas“ erarbeitet, bei dem überschüssiger Strom aus Erneuerbaren Energien dazu verwendet wird, per Elektrolyse Wasserstoff zu produzieren und diesen in einem zweiten Schritt zusammen mit Kohlendioxid in EE-Methan umzuwandeln. Dieses Gas kann dann ins Erdgasnetz eingespeist werden. Wesentliches neues Element bei diesem Konzept ist die Kopplung von Strom- und Gasnetz, was erhebliche Vorteile mit sich bringt. Im Gegensatz zu anderen diskutierten Speichertechnologien ist die Infrastruktur zur Speicherung von EE-Methan vorhanden. Das deutsche Erdgasnetz umfasst ein Fernleitungsnetz mit einer Länge von 47.000 km sowie Verteilernetze, welche insgesamt aus rund 453.000 km Gasleitungen bestehen. An Speicherkapazität stehen in Deutschland 23,5 Milliarden Kubikmeter in rund 47 Erdgasspeichern zur Verfügung. Das EE-Methan könnte zur Stromerzeugung in Gasturbinen, zur Strom- und Wärmeerzeugung in Blockheizkraftwerken, als Kraftstoff für gasbetriebene Fahrzeuge oder beim Endverbraucher zum Kochen genutzt werden.
Eine wichtige Anwendung für Erdgas ist sein Einsatz im Gasturbinenkraftwerken. Diese Anlagen werden heute in erster Linie zur Deckung von Spitzenlast verwendet, da die Gasturbinen eine hohe Schnellstartfähigkeit besitzen. Diese Flexibilität und die relativ niedrigen Investitionskosten machen die Gaskraftwerken gerade beim weiteren Ausbau der Erneuerbaren Energien unverzichtbar. Wird beim Bau der Gaskraftwerke ein dezentraler Ansatz verfolgt, bieten sich die Stadtwerke als Betreiber dieser Anlagen an. Diese Gaskraftwerke könnten auch in Fern- oder Nahwärmesystem eingebunden werden. Bei diesem dezentralen Ansatz wäre auch der nötige Ausbau der Übertragungsnetze deutlich geringer.
Kombikraftwerk
Wegweisend für eine dauerhafte und sichere Stromversorgung aus Erneuerbaren Energien ist das Konzept des regenerativen Kombikraftwerks. Im Kombikraftwerk werden mehrere EE-Anlagen verknüpft und gemeinsam geregelt, ergänzt wird das Kombikraftwerk durch verschiedene Speichertechnologien. Um eine effiziente Stromversorgung zu gewährleisten, müssen in der Zukunft Stromangebot und Nachfrage besser aufeinander abgestimmt werden. Schon heute macht ein zeitgesteuerter Stromverbrauch für Großabnehmer Sinn.
Im Rahmen des Projektes „Regenerative Modellregion Harz“ wird ein Kombikraftwerk aufgebaut. Dabei werden verschiedene räumlich verteilte Anlagen zusammen geschaltet und zentral gesteuert, um dafür zu sorgen, dass die erneuerbaren Energien sich möglichst gut ergänzen und genauso viel Energie erzeugt wie auch verbraucht wird. Auf der Basis der Wetterprognosen werden die Erzeugungsprognosen für die Windkraftanlagen und die Photovoltaik erstellt. Bei der Prognose für den Verbrauch greift man auf die Messdaten der Vergangenheit zurück. Zieht man von der Last- die Erzeugungsprognosen ab, so erhält man die sogenannte „Residuale Last“. Hierbei handelt es sich um die Restlast, die nicht von den Erneuerbaren Energieerzeugern zur Verfügung gestellt werden kann. Diese Last muss von flexiblen Kraftwerken gedeckt werden. Die Schnittstelle zwischen Energienetz und Energieanlage ist der Punkt, an dem Informationen zwischen dem Betreiber der Energieanlage und dem Netzbetreiber oder dem Betreiber eines Kombikraftwerks ausgetauscht werden. Dort befindet sich eines der zentralen Bestandteile der RegModHarz Architektur: die Power-Bridge.
Quelle: REGMODHARZ
Strombörse Leipzig
Nach der Liberalisierung des Strommarktes entstanden Marktplätze zum Handel von Strom. Händler, Lieferanten und Kraftwerksbetreiber organisieren auf diesen Märkten den Stromhandel. Ein Großteil des Handels findet bilateral statt. Diese Praxis wird als over-the-counter-Handel (OTC) bezeichnet. Ein weiterer Marktplatz ist die Leipziger Strombörse EPEX. Bestimmte Stromqualitäten werden an der Strombörse nicht gehandelt, es handelt sich bei Börsenstrom immer um Strom unbekannter Qualität, so genannten „Grauen Strom“. An den Großhandelsmärkten werden standardisierte Produkte mit Lieferperioden für die folgenden Jahre, Quartale, Monate und Wochen gehandelt. Neben dem Terminmarkt gibt es den Spotmarkt an dem Strommengen für die Auslieferung morgen bzw. in den nächsten zwei bis drei Tagen gehandelt werden. Das Handelsvolumen an der EPEX entspricht mit 225 TWh in 2011 rund einem Drittel der bundesdeutschen Bruttostromerzeugung.
Der zur Deckung der Nachfrage notwendige Kraftwerkseinsatz wird durch Preissignale an der Börse koordiniert. Die Abrufreihenfolge der Kraftwerke erfolgt dabei nach der sogenannten Merit-Order. Diese wird gebildet indem die Kraftwerke, aufsteigend nach den jeweiligen Grenzkosten der Erzeugung, sortiert werden. Der Preis an der Börse wird durch das jeweils teuerste Kraftwerk bestimmt, das noch benötigt wird, um die Stromnachfrage zu decken. Der Börsenpreis ist immer auch Referenzpreis für OTC abgeschlossene Verträge. Die Preise für längerfristig OTC-abgeschlossene Stromlieferungen orientieren sich also auch immer an der Preisentwicklung der Börse.
Die Erzeugung von Strom aus erneuerbaren Energien, die einen gesetzlichen Einspeisevorrang genießen, hat einen entscheidenden Einfluss auf die Merit-Order und damit auf die Börsenpreise. Die EE-Strommengen werden von den Übertragungsnetzbetreibern an der Börse im Day-Ahead-Markt unlimitiert veräußert. Die erneuerbaren Energien schieben sich von links in die Merit-Order hinein und verdrängen so die teuersten Kraftwerke am rechten Rand. Dabei zeigt sich, dass sich Wind und Photovoltaik gut ergänzen, da die Photovoltaik im Sommer höhere Vollbenutzungsstunden hat als Wind, beide in der Übergangszeit vergleichbare Werte aufweisen, während die Windeinspeisung im Winter überwiegt. Die Stunden mit PV-Einspeisung decken sich mit den Stunden der höchsten Lastenanforderung, den sog. Peak-Stunden an der EPEX-Strombörse. Die früher sehr bedeutende Mittagsspitze der Preise an der Strombörse wurde durch die Photovoltaik weitgehend abgetragen. Die erneuerbaren Energien generell haben einen preissenkenden Effekt auf die Großhandelspreise. Dieser preissenkende Effekt führt dazu, dass die Unternehmen bzw. Stromversorger, die Strom vollständig oder auch nur teilweise an der Strombörse einkaufen, durch die erneuerbaren Energien Einsparungen erzielen können. An die Haushaltskunden werden diese Preissenkungen in der Regel nicht weitergegeben.
Auf der EEX-Transparenzplattform werden marktrelevante Erzeugungs- und Verbrauchsdaten veröffentlicht. Die Plattform wurde von den vier deutschen Übertragungsnetzbetreibern, 50Hertz Transmission GmbH, Amprion GmbH, EnBW Transportnetze AG und TennT TSO GmbH, die zur Veröffentlichung von Kraftwerks- und Verbrauchsdaten verpflichtet sind, gemeinsam mit der European Energy Exchange AG (EEX) im Oktober 2009 errichtet. Seit Dezember 2010 beteiligt sich auch der österreichische Übertragungsnetzbetreiber Austrian Power Grid AG als vollwertiges Mitglied und übermittelt ab dem 1. Juli 2011 Daten für die Regelzone APG.
Energieeffizienz
Der Deutsche Bundestag hat im Jahr 2011 beschlossen unsere Energieversorgung auf der Basis regenerativer Energieträger umzubauen. Dieser Umbau zu einem effizienten, zukunftsweisenden und klimaneutralen Energiesystem kann nur gelingen, wenn die Bundesregierung, die Länder und Kommunen, die Unternehmen und die Verbraucher sich gemeinsam für das Gelingen dieser Jahrhundertaufgabe einsetzen.
Die Stromversorgung in ihrer aktuellen Form ist für etwa 40 % der gesamten deutschen CO2-Emissionen verantwortlich, sie wird ein Schlüsselbereich bei den Anstrengungen sein die CO2-Emissionen markant zu senken. Bei der Stromerzeugung sind die technologischen Alternativen bereits heute vorhanden um bis zum Jahr 2050 diese CO2-Emissionen zu vermeiden. Damit könnte das von der Bundesregierung angestrebte Ziel der Emissionsreduktion aller Energieträger um 80 % erreicht werden.
Langfristig kann eine dauerhaft nachhaltige, klimafreundliche Stromversorgung nur auf der Basis erneuerbarer Energien sichergestellt werden. Durch eine dauerhafte Energiespar- und Effizienzpolitik kann der Übergang zur regenerativen Vollversorgung erleichtert werden. Bisher zeichnen sich die Zielsetzungen der Effizienzpolitik in Deutschland durch mangelnde Verbindlichkeit aus. Auch zeigt die Entwicklung der Stromnachfrage in Deutschland, dass Effizienzsteigerungen nicht notwendigerweise zu einem Sinken des Gesamtenergieverbrauchs führen. Der Sachverständigenrat für Umweltfragen empfiehlt deshalb in seinem Sondergutachten „Wege zur 100 % erneuerbaren Stromversorgung“ die Effizienzpolitik neu auszurichten. Er schlägt vor ein absolutes Verbrauchsziel für den Strombedarf anzustreben. Für 2020 sollte angestrebt werden den Nettostromverbrauch um 10 % zu senken. Ein Energieeffizienzfonds mit entsprechender finanzieller Ausstattung könnte auf breiter Ebene eine Stabilisierung und Senkung des Stromverbrauchs bewirken.
Bei der Realisierung von Effizienzmaßnahmen bei den Kommunen, der Industrie, dem Gewerbe und dem Privatverbraucher hilft die Deutsche Energieagentur (dena) durch umfangreiche Informationen und Beratung. So wurde von der dena das kommunale Energie- und Klimaschutzmanagement entwickelt um Städte, Landkreise und Gemeinden dabei zu unterstützten den Energieverbrauch in allen Handlungsfeldern langfristig zu senken. Die Deutsche Bundesstiftung Umwelt hat in Zusammenarbeit mit kleineren und mittleren Unternehmen das System „Energieeffizienz durch Energiecontrolling“ entwickelt, mit dem große Stromeinsparpotentiale realisiert werden können. Bei zwei Pilotprojekten wurden alle Energieströme erfasst und auf dieser Basis wurden effizienzsteigernde Maßnahmen entwickelt und erfolgreich umgesetzt. Im Gebäudesektor mit dem hohen Wärmebedarf kann durch finanzielle Anreize und verpflichtende Vorgaben für den Hauseigentümer der Energiebedarf erheblich abgesenkt werden. In der Sanierungsstudie für Einfamilienhäuser, erstellt von der Deutschen Energieagentur, erhalten Sie umfassende Informationen und Tipps, wie eine Sanierung kostengünstig und zielgerichtet umgesetzt werden kann.
Maßnahmen zur Steigerung der Energieeffizienz sind ein wichtiger Teil des Umbaus unserer Energieversorgung. Es ist sicher zu stellen, dass Einsparungen durch einzelne Maßnahmen sich in der Reduktion der Energie-Gesamtnachfrage widerspiegeln. Greifen Produktionsprozesse noch auf konventionelle Energien zurück, ist vorab zu prüfen ob in einem ersten Schritt der Umstieg auf Erneuerbare Energien vorteilhafter ist. Ausgangspunkt für den Umstieg auf die Erneuerbaren Energien ist der Klimaschutz und die Schonung unserer Ressourcen, bei der Bewertung von einzelnen Energieeffizienz-Maßnahmen sollte dies immer die Messlatte sein. Verbunden mit den Maßnahmen sind in der Regel erhebliche jährliche Kosteneinsparungen, von denen die Verbraucher über viele Jahre profitieren.